Samstag, 22. Oktober 2011

Vorurteile

Wir haben eine Wohnung entdeckt, die genau so ist, wie wir uns unsere Wohnung immer gewünscht haben. Eine Maisonette mit unten zwei Arbeitszimmern, kleiner Küche und Eßbereich, oben dann Wohngalerie, Schlafzimmer und Bad. Die Einbauküche muß abgelöst werden, entspricht aber exakt unseren Vorstellungen, und sogar die Farbe sagt uns zu. Einverstanden.

Natürlich müssen wir auch der Vermieterin gefallen, aber wir sind die besten Mieter, die man sich vorstellen kann: beide berufstätig, die Frau im öffentlichen Dienst und unkündbar, keine Haustiere, keine Kinder und auch kein Kinderwunsch, da aus dem Alter heraus. Wir feiern keine Parties und mögen keine laute Musik. Es hat sich noch nie ein Nachbar über uns beklagt.

Dem Vormieter sind wir so sympathisch, daß er sich spontan für uns entscheidet, andere Bewerber nur noch der Form halber herumführt, um der Hausherrin anschließend stolz seine Wahl mitzuteilen. Doch die ist anderer Meinung.

Eine Musikpädagogin? Das kommt überhaupt nicht in Frage. Am Ende hat sie noch ein Klavier und erteilt den ganzen Tag Unterricht an notorisch unbegabte Kinder, so daß der Nachbar, der auch schon gegen die Bushaltestelle vor dem Haus geklagt hat, erneut Ärger macht. Und man kann es ihr noch nicht einmal verbieten, weil sie dann vor Gericht geht und es durchsetzt. Und ein Selbständiger? Da hat man ja auch schon viel gehört von plötzlichen Firmenpleiten, und mit einem Mal hat man einen Hartz IV Empfänger im Haus und kann zusehen, wie man an seine Miete kommt. Nein, das geht absolut nicht.

Wer einer fest angestellten Musikpädagogin unterstellt, sie unterrichte in der Wohnung, glaubt wahrscheinlich auch, der Gefängnisdirektor kette seine Strafgefangenen nachts bei sich zuhause an. Was für eine erschreckende Unkenntnis, die hier nun zur völlig unbegründeten Ablehnung eines Mieterpaares führt, wie man sich kaum ein besseres wünschen kann.

Meine Liebste hat noch nie Unterricht in der Wohnung gegeben. Sie mag privat noch nicht einmal Musik hören, geschweige denn selbst welche machen. Und meine Firma arbeitet ausschließlich mit Eigenkapital bei minimalen Fremdkosten und hat langfristige Verträge mit namhaften Kunden, steht also wirtschaftlich äußerst solide da. Das alles hätte man in einem Gespräch vorbringen können, aber ein solches Gespräch fand nie statt.

Stattdessen wird nun ein einfacher Arbeiter einziehen. Jemand, der irgendwo am Fließband steht. Und der hoffentlich jeden Tag seine Stereoanlage so weit aufdreht, daß die Wände wackeln.

Das, genau das, wünsche ich mir heuer zu Weihnachten.

Samstag, 3. September 2011

Was findet am 2011-W51-6ten statt?

Ganz einfach: Heiligabend. Bei der Angabe W51 handelt es sich nämlich um eine ISO 8601 Woche, genauer gesagt um die 51ste Kalenderwoche des Jahres 2011. Die erste KW 2011 dauerte übrigens vom Montag 3. bis Sonntag 9. Januar.

Und damit kommen wir bereits zu einer wesentlichen Eigenschaft der Kalenderwochen: sie gehen prinzipiell immer von Montag bis Sonntag und haben immer 7 Tage, auch um den Jahreswechsel herum.

Die beiden ersten Tage des Jahres 2011 bildeten also keine Rumpfwoche, sondern waren einfach noch der 52ste Woche des alten Jahres zugeschlagen, die am 27. Dezember begann. An einem Montag eben.

Bei unseren Monaten hingegen weiß man nie so genau, an welchem Wochentag sie beginnen oder enden. Manchmal haben sie vier Wochenenden, manchmal 5, und gelegentlich fällt der Samstag auf den alten und der Sonntag schon auf den neuen Monat, so daß es zu Unsicherheiten kommt, ob mit dem zweiten Wochenende im Monat nun der 7./8. oder der 14./15. gemeint ist. Denn genau genommen gehörte ja vom „ersten” Wochenende nur der Sonntag zum neuen Monat.

Kalenderwochen sind da eigentlich viel praktischer, sie sind immer gleich lang und haben immer genau einen Sonntag bzw. ein Wochenende, wären also ein perfekter Ersatz für unsere ach so „krummen” Kalenderdaten. Jedoch ist zum einen das gesamte kulturelle Leben an den letzteren ausgerichtet, zum anderen gibt es auch noch eine kleine Unstimmigkeit, die besonders um Weihnachten herum für Verwirrung sorgt: Fast alle Jahre haben 52 Wochen. Aber eben nur fast.

Warum ist das so, und vor allem: in welchen Jahren? Nehmen wir einmal an, das (konventionelle) Jahr beginnt an einem Donnerstag (das war zuletzt 2009 der Fall). Dann entfallen Montag, Dienstag und Mittwoch dieser Woche noch auf das alte und die restlichen vier Tage schon auf das neue Jahr. Vier Tage sind mehr als drei, also gehört der Majoritätsregel zufolge die gesamte Woche zum neuen Jahr. Leider bleibt dann aber am Jahresende eine Rumpfwoche mit ebenfalls 4 Tagen übrig, da ja das Kalenderjahr immer 52x7 plus einen Tag lang ist und ein Schaltjahr sogar 52x7 plus zwei Tage. Vier Tage sind, wie wir schon wissen, mehr als drei, folglich gibt es in diesem Jahr eine 53ste Woche. Für Schaltjahre gilt diese Ausnahme auch, wenn sie an einem Mittwoch beginnen. Das nachfolgende Jahr startet dann mit Freitag, so daß niemals 2 „lange” Jahre aufeinander folgen.

Die 53sten Wochen sind quasi die Schaltwochen, kommen aber leider nicht so regelmäßig vor wie die Schaltjahre mit einem 29. Februar. Von den kommenden Jahren haben nur 2015, 2020 (Schaltjahr, Mittwoch), 2026 und 2032 je eine Schaltwoche, alle anderen sind brav 52 Wochen lang. Silvester fällt in den bewußten Jahren also in die 53ste Woche und Heiligabend in die 52ste.

Aber sind das schon alle Ausnahmen? Was ist mit den übrigen Jahren, deren Silvestertag schon dem neuen Jahr zugeschlagen wird, nämlich weil er auf einen Montag, Dienstag oder Mittwoch fällt? Das ist 2012, 2013, 2014 und dann wieder 2018 und 2024 der Fall. Auch in diesen Jahren ist also die Woche mit dem Heiligabend die 52ste.

Warum ist das wichtig? Nun, es geht um Weihnachtsmärkte. Und da gibt es solche, die jedes Jahr an einem bestimmten Adventssonntag stattfinden und andere, die etwas unstet zwischen dem ersten und zweiten Advent pendeln. Oder zwischen dem zweiten und dritten. Kann es sein, daß deren Veranstalter sich hier statt am Advent an der Kalenderwoche orientieren?

Die vierte Adventswoche ist die Woche vor Weihnachten. Nicht vor Heiligabend, wohlgemerkt, maßgeblich ist vielmehr der erste Weihnachtstag. Und schon schlägt eine dritte Regel zu. Fällt dieser nämlich wie in den Jahren 2017, 2023 und 2028 auf einen Montag, ist Heiligabend ein Sonntag und damit zugleich der vierte Advent. Heiligabend findet dann quasi in der letzten Adventswoche statt.

Fassen wir also zusammen: wenn keine der drei Ausnahmen greift, ist die vierte Adventswoche - und damit meine ich jene, die mit dem vierten Adventssonntag endet - die 50ste Kalenderwoche, anderenfalls die 51ste. Oder gibt es den Fall, daß zwei Ausnahmen gleichzeitig zutreffen? Der erste Januar ein Donnerstag und Heiligabend ein Sonntag? Unmöglich. Silvester ein Montag, Dienstag oder Mittwoch, mithin schon der Woche 1 zugehörig, und Heiligabend ein Sonntag? Auch unmöglich. Ein 53-Wochen-Jahr, das schon vor Silvester endet? Erst recht unmöglich.

Mithin fällt der vierte Advent immer in die 50ste KW, außer in den Jahren 2015, 2020, 2026, 2032 (53 Wochen), 2012, 2013, 2014, 2018, 2024, 2025, 2029, 2030, 2031 (Silvester an einem Fr, Sa oder So) sowie 2017, 2023, 2028 (Heiligabend ein Sonntag). Kann man das behalten? Nö.

So ist es einfacher: „frühe” Jahre sind 2011, 2016, 2019, 2021, 2022 und 2027. Genau wie übrigens auch schon 2010.

Zum Schluß noch eine Preisfrage: gibt es Feiertage, die in jedem Jahr auf dieselbe Kalenderwoche fallen? Antwort: jein. Im Prinzip zählen wir mit den Wochen ja die Donnerstage im Jahr, plus drei Tage nach vorne und hinten. Dadurch fällt der 4. Januar immer in die erste Kalenderwoche und mit ihm auch alle Tage, die ihm in 7er-Schritten folgen. Der 1. November zum Beispiel (Allerheiligen, 44. Woche) oder auch der Sommeranfang (Woche 25). Aber das gilt nicht für Schaltjahre.

Und Ostern? 2011-W16-7, 2012-W14-7, 2013-W13-7, 2014-W16-7, 2015-W14-7, 2016-W12-7, 2017-W15-7, 2018-W13-7, 2019-W16-7, 2020-W15-7. Faschingsdienstag ist übrigens stets in der Woche Ostern minus 6, heuer also 2011-W10-2 und im kommenden Jahr 2012-W8-2. Für Pfingsten gilt Ostern plus 7. So einfach ist das Rechnen mit Wochennummern!

Die bayerischen Sommerferien beginnen normalerweise in der KW 31. Wenn Pfingsten spät ist (heuer z.B. Woche 23), haben die Schüler nach gerade einmal 5 Wochen erneut frei. Nächstes Jahr sind es 7 und 2016 sogar 9 Wochen (2008 waren es 10), dennoch ist der Ferienanfang heuer zusätzlich um 2 Tage nach hinten verschoben, 2013 und 2014 auch. Kennt jemand den Grund?

Freitag, 24. Juni 2011

Mort Aratsch

Er wird nie wieder so sein wie damals, als ich in den Siebzigern zum ersten Mal vor ihm stand: der Morteratsch-Gletscher. Zwar war er jedes Jahr wieder ein paar Meter zurückgewichen, sah ansonsten aber eigentlich immer gleich aus. Denn das Tal, das er mit seiner Eismasse ausfüllt, ist mehrere Kilometer lang.

Wo einst das Gletschertor der Wanderung ein Ende setzte, prangt heute ein Schild: Stand des Gletschers 1973. Die Strecke zum Rand des Eises ist seitdem beträchtlich länger geworden. Stets aber konnte man den Gletscher ebenen Weges erreichen. Das war auch 2011 so. Und doch hat sich etwas Wesentliches verändert.

Denn ein Stück weiter oben klafft ein Loch im Eis. Nicht groß zwar, aber groß genug, um erkennen zu lassen, daß darunter blanker Fels liegt. So hoch oben? Dann wäre das Eis an dieser Stelle ja viel dünner als die Form des Tales vermuten läßt.

Damals, in den Siebzigern, war dort ein Gletscherbruch mit vielen Spalten. Sie entstehen an Stellen, wo das Eis eine Felsbarriere überwindet. Und eben diese Felsbarriere kommt jetzt zum Vorschein. In wenigen Jahren wird der Felsriegel vollständig frei liegen. Dann wird es vorbei sein mit dem ebenen Weg zum Gletschertor. Dann endet der Weg vielleicht an einem Wasserfall.

Szenenwechsel. Eine alte Engadiner Sage erzählt von einem Hirten, sein Name war Aratsch. Er liebte Annetta, die Tochter eines reichen Bauern, durfte sie aber nicht freien, bevor er nicht in der Fremde zu Geld gekommen war. Als er zurückkehrte, war das Mädchen tot, gestorben vor Sehnsucht nach ihm. Der Hirte ritt hinauf zur Alm, wo er einst mit ihr glücklich gewesen war, und noch darüber hinaus, um sich schließlich in eine Gletscherspalte zu stürzen. Der Geist der geliebten Frau aber fand keine Ruhe, und die Hirten auf der Alp vernahmen fortan ihre Klage: Mort Aratsch. Aratsch ist tot. Aber sie war ein guter Geist, und die Hirten mochten sie.

Bis auf einen. Der verbannte sie für immer aus seiner Hütte, worauf sie einen Fluch aussprach, über die Hütte, die Alm und das ganze Tal. Prompt verödete daraufhin die schöne Alm. Die Kühe gaben weniger Milch und mußten schließlich ganz abgezogen werden. Zugleich rückte der Gletscher von Jahr zu Jahr ein Stück weiter vom Berg herab und ins Tal vor, bis er irgendwann alles unter sich begrub, die Bäume, die Hütten, das ganze schöne Tal.

Heute werden im Vorfeld der zurückweichenden Gletscher stellenweise Baumstämme frei. Stämme mit Hunderten von Jahresringen. Sie müssen dort gestanden haben, wo heute das Eis ist, eine andere Erklärung gibt es nicht.

Der Fluch der Annetta ist ausgestanden, das Eis zieht sich wieder dorthin zurück, wo der unglückliche Aratsch einst den Tod suchte. Die dummen Menschen aber nennen es Klimawandel und machen sich Sorgen.

Samstag, 21. Mai 2011

Den Eingang vergessen?

Wir wollen in die Rheingoldhalle (Mainz), und da es zwischen Hotel und Halle eine direkte Busverbindung gibt, nehmen wir natürlich den Bus, steigen an der Station "Rheingoldhalle" aus - und erspähen auf der gegenüberliegenden Straßenseite unser Ziel. Aber wo ist der Eingang? Es gibt so eine Art Terrasse, aber die liegt eine Straßenebene höher, und von einer Treppe ist weit und breit nichts zusehen, weder hinauf zum Vorplatz noch zur Fußgängerbrücke, die ein Stück zu unserer Rechten die Straße überquert.

Der suchende Blick erspäht einen Wegweiser, und der zeigt nach - links! Also weg von der Brücke. Wir folgen ihm, er führt an der Tiefgaragen-Einfahrt vorbei und ein ganzes Stück an der Halle entlang, an die sich im weiteren Verlauf ein großes Hotel anschließt. Und noch immer kein Eingang. Das macht mich stutzig, und ich frage eine Passantin. "Sie gehen weiter am Hotel entlang, dahinter können Sie dann zur Rheinpromenade queren, von dort in die andere Richtung, wieder am Hotel vorbei, und irgendwann kommen Sie dann zum Eingang!" Wie bitte? "Oder in diese Richtung, aber das ist noch komplizierter" Sie weist in die Richtung, aus der wir gekommen sind. "Aber dort steht ein Wegweiser, und der zeigt hierher!", wage ich zu protestieren. Nun ja, die Einheimischen werden es wissen, und schon nach weiteren 5 Minuten Fußmarsch finden wir den ersehnten Eingang.

Rechts eine Toilette, links ein Vortragssaal. Das soll ein Kongreßzentrum sein? Ich erspähe hinter einer weiteren Tür eine Treppe. Und endlich stehen wir dort, wo man normalerweise ja ganz leicht hinfindet: im Foyer.

Jetzt will ich es wissen und gehe zur Vordertür hinaus, überquere den Vorplatz - und stehe auf der bewußten Brücke, mit direktem Blick hinunter zur Bushaltestelle, wo wir vor nunmehr 15 Minuten angekommen sind. Wo ist die Treppe dort hinunter, für Leute die mit dem Bus hier wieder weg wollen? Es gibt sie nicht. Die Fußgängerzone führt stadteinwärts, Läden zur Linken, Läden zur Rechten, von Durchgang, Treppe oder gar Wegweiser zur Bushaltestelle keine Spur. Wie heißt es doch so schön im Frankenlied: "ich wollt' mir wüchsen Flüüügel!"

Zurück im Hotel, frage ich die Rezeptionistin. "Ja, darüber wundert sich hier jeder. Sie müssen eine Haltestelle vorher aussteigen. Oder eben erst einmal ein gutes Stück von der Halle weglaufen, aber diesen Weg finden nur die Ortskundigen. Oder Sie fahren gleich mit dem Auto." Wollen wir aber nicht. Auf meine verzweifelten Blicke hin gönnt sie mir den ersehnten Insider-Tipp: "Sie können auch inoffiziell über die Rampe in die Tiefgarage laufen und von dort die Treppe hinauf zur Halle nehmen."

Es lebe die autogerechte Stadt! Wer mit dem Bus fährt, muß halt zusehen, wie er hineinkommt. Selber schuld.

Am Abend des folgenden Tages entdecke ich das Geheimnis. Es gab zwischen Bushaltestelle und Fußgängerbrücke tatsächlich einmal eine Rolltreppe, aber die ist zwischenzeitlich mit Brettern verbarrikadiert und das offensichtlich schon seit Monaten oder Jahren, denn die Bretter sehen alt aus, und es liegen Äste, Laub und allerlei Abfall auf den unbenutzbar gewordenen Stufen. Auch den Wegweiser hat man entfernt. Immerhin.

Samstag, 5. Februar 2011

Steuerangelegenheiten

Ein Mann reicht zwei Steuererklärungen ein. Am gleichen Tag. Für die gleiche Steuernummer. Aus der einen ergibt sich eine Rückerstattung über 90 Euro, also verrechnet er die beiden Beträge miteinander und überweist die Summe. Dumm gelaufen, denn er hat die Rechnung ohne die Steuerbürokratie gemacht.

Denn die bearbeitet zuerst die Rückerstattung und weist 90 Euro an. Anschließend stellt sie fest, daß bei der anderen Fälligkeit 90 Euro fehlen. Und die werden natürlich angemahnt. Zwischenzeitlich ist jedoch eine weitere Rückerstattung fällig geworden.

Und nun passiert das Unglaubliche: das Finanzamt überweist auch diese Rückerstattung in voller Höhe und holt sich den zu viel überwiesenen Betrag am nächsten Tag per Kontopfändung wieder zurück.

Ein einfaches "wir haben Ihnen zu viel überwiesen, bitte gleichen Sie die Differenz in den nächsten Tagen aus" hätte es doch auch getan, oder nicht?

Samstag, 23. Oktober 2010

Zwangsbesichtigung bei IKEA

Unser Plakat der Byzanz-Ausstellung, erworben in eben dieser, soll der Blickfang an unserer Wohnzimmerwand werden. Dafür braucht es freilich einen Rahmen, und den hat IKEA. Also auf nach Fürth.

Noch vor dem Eingang schnappen wir uns einen Einkaufswagen, denn ich bin zur Zeit ein wenig lädiert und daher recht froh um den Behelfs-Rentnerporsche.

Aber vor den Einkaufserfolg haben die unmöglichen Schweden die Rolltreppe gesetzt. Keine Chance für Wagenschieber. Wo ist denn hier der Lift? Etwa dort, wo ein großes Schild unmißverständlich anzeigt, welches Ding hier auf gar keinen Fall mit hineindarf? Vielleicht doch lieber dort links? Irrtum, da sind nur Kassen sowie Leute, die froh sind, daß sie das Anstehen an einer solchen endlich hinter sich haben.

Ich bin ein Kunde, laßt mich hier rein!

Wie die Diebe schleichen wir uns samt Wagen gegen den Strom an einer der Kassen vorbei und befinden uns nun endlich im Inneren des blaugelben Schraubregal-Tempels. Wo sind denn hier nun die Bilderrahmen?

Ein Computer-Terminal könnte die Suche nach dem Objekt der Begierde deutlich erleichtern, wären da nicht exakte Kenntnisse gefragt, ob die Suche denn einem Küchen-, Wohn- oder gar Schlafzimmergegenstand gilt. Zählt so ein Rahmen überhaupt als Möbelstück? Vielleicht gibt es ja eine Suchfunktion? Tatsächlich offenbart uns das System schon nach kurzer Zeit eine Auskunft, die an Banalität schwer zu überbieten sein dürfte: die Bilderrahmen seien "in der Dekoration". Ach, was.

Wir setzen die Suche also ohne die Hilfe der hauseigenen Schwach-EDV fort, kämpfen uns gegen den Strom bis in die Abteilung vor, wo sie nun endlich vor uns stehen, in allen Größen und Farben. Wie groß ist unser Plakat nochmal? Ach ja, DIN A1, oder in Zahlen ausgedrückt etwa 60 auf 85 Zentimeter.

Gibt es nicht.

Alle Rahmen sind entweder zu schmal für das Normformat, oder sie sind gleich um 10 Zentimeter zu breit. Letzteres sieht hässlich aus, ersteres hätte zur Folge, daß Teile des Plakates der Schere zum Opfer fallen müßten. Und das wollen wir nun ganz und gar nicht.

Haben diese Rahmenhersteller denn noch nie im Leben von einer DIN Norm gehört? Anscheinend nicht.

Inzwischen haben wir aber herausgefunden, wie sich ein normgerechter IKEA Kunde zu verhalten hat. Er nimmt die eingangs erwähnte Rolltreppe, durchwandert die Möbelabteilung, kommt an deren anderem Ende wieder herunter gefahren, und erst dort stehen dann die Einkaufswagen bereit. Wir hatten einen vom Parkplatz genommen, und das tut ein IKEA Kunde nicht.

Besser gesagt, er darf es nicht. Denn wer im unmöglichen Möbelhaus einkaufen will, und sei es auch nur einen schnöden Bilderrahmen, hat gefälligst immer zuerst das gesamte Möbelprogramm zu besichtigen, und basta. Haben wir aber nicht. Und einen Rahmen haben wir auch nicht.

Montag, 20. September 2010

Unterwegs mit der Deutschen Bahn

Eigentlich könnte ich jetzt auch im Auto sitzen, den Blick auf die Straße gerichtet, Laptop und andere Arbeitswerkzeuge sicher im Köfferchen hinter dem Fahrersitz verstaut.

Wesentlich angenehmer jedoch reist es sich mit der Deutschen Bahn, wo ich mir heute das Bord-Bistro zum rollenden Büro erkoren habe. Statt bequemer Ohrensessel gibt es hier nämlich kleine Tischchen mit geeigneter Arbeitshöhe für den Laptop, und auch die Tasse Kaffee, frisch gebrüht von der freundlichen Dame am Tresen, findet daneben noch Platz.

Damit es dem Geschäftsreisenden an nichts fehle, bietet die Bahn sogar einen WLAN Hotspot an, aber ich habe meinen eigenen Surfstick bei mir. Und falls der ICE nicht gerade durch ländliches Gebiet rollt, findet das kleine Etwas, das da links aus meinem Rechner ragt, auch Anschluß - und tut es mir durch eineen "Verbindungszeit" Ticker kund. Ich habe ein 12-Stunden-Paket gebucht, das reicht auch noch für die Rückfahrt heute abend.

Und wenn ich nun lieber am iPad arbeite? Zum Beispiel, weil ich gen Nürnberg rollend nun doch dem Ohrensessel den Vorzug gebe und kein Gerät auf dem Schoß balancieren möchte? Einen Surfstick anzuschließen ist für das iPad nicht vorgesehen, aber wenn der große Bruder MacBook mit von der Partie ist, teilen die beiden sich den Zugang, und ich komme auch mit dem Pad ganz normal ins Internet.

Au weia! Soeben erfahre ich, daß unser ICE wegen einer Weichenstörung über Darmstadt umgeleitet werden soll - und sehe schon schwarz für meinen Termin. Halt, nein, doch keine Umleitung, die Störung ist behoben, freut sich der Schaffner. Na, und die Fahrgäste erst...!

Langsam wird es voll hier im Bistro-Wagen. Umgeben von mittlerweile 5 Laptops mit fleißig tippenden Männern und Frauen dahinter rolle ich weiterhin vergnügt und entspannt meinem Ziel entgegen.

Thank you for travelling with Deutsche Bahn.
Der Dank ist ganz meinerseits.

Nachtrag: die Rückfahrt gestaltet sich zunächst nicht ganz so entspannt. Denn ich habe mir in den Kopf gesetzt, den Regionalexpreß zu nehmen, finde am Fahrkarten-Automaten aber das "Quer durchs Land" Ticket nicht. Und noch 20 Minuten bis Buffalo, wie es in dem schönen Gedicht heißt.

Es gibt im Frankfurter Hauptbahnhof auch bediente Schalter, aber der eilige Fahrgast darf dort erst einmal eine Wartenummer ziehen. Ob das nicht zu knapp wird mit der Zeit? Vielleicht wird das Ticket ja gar nicht mehr angeboten, und die Differenz zum Normalpreis macht gerade zwei Euro. Kurz entschlossen eile ich zum Automaten zurück - und kämpfe mich erst einmal durch ein schier endloses Dialogsystem. Leider ist am Ende aber, obwohl der Automat einen Schlitz für Geldscheine hat, aus unerfindlichen Gründen keine Barzahlung vorgesehen. Und noch 15 Minuten nach Buffalo.

Also doch in den saueren Apfel gebissen und eine Wartenummer gezogen. Schon nach weiteren 5 Minuten bin ich an der Reihe und klage dem Verkäufer mein Leid mit dem unauffindbaren Ticket. "Ja, das gibt es nicht mehr", finde ich meine Vermutung aus berufenem Munde bestätigt. Schade, dann nehme ich halt das Normalticket.

"Sie können auch günstiger mit dem Bayernticket fahren", klärt mich mein freundliches Gegenüber auf. Bayernticket? Gilt das denn ab hier? "Nein, Sie brauchen zusätzlich eine Karte für sieben Euro soundsoviel, aber zusammen mit dem Bayernticket kommen Sie unter dem Strich günstiger weg".

Hocherfreut über diese Auskunft sehe ich auf die Uhr. Und noch 5 Minuten bis Buffalo.

Der freundliche Verkäufer, der meine Unruhe bemerkt, zeigt erneut sein kundenorientiertes Gesicht. "Keine Sorge, Ihren Zug nach Nürnberg erwischen Sie, der geht gleich hier vorne, auf Gleis 8". Das wußte ich zwar schon, freue mich aber trotzdem über die unerwartete Aufmerksamkeit.

Und so sitze ich nun im Zug, genieße die schöne Landschaft ... und leiste mir von dem gesparten Geld einen Kaffee.

So macht Bahn fahren Spaß.